Eigene Person Gerhard Schmaus

Ein erlebnisreicher Sonntagnachmittag

Am Sonntag den  31.03.2019 besuchte ich nachmittags um 14 Uhr Herr Karl Kling in Krumbach. Er ist 91 Jahre alt und geistig noch in bester Verfassung. Am 18.07.1944 beim Angriff auf den Fliegerhorst Memmingen bei der dortigen Flak war Herr Kling ein junger 16 jähriger Richt-kanonier.

Vorausfliegend vor den auf einer Höhe von 7000 bis 8000 Meter fliegenden Bombern attackierten P-51 und P-38 Begleitjäger die Flak in Memmingen. Die Angriffe erfolgten tief und in Wellen-linien, um den Flakgeschützen möglichst entgehen zu können. Eine P-38 wurde dennoch getroffen, sie stürzte Richtung Riedhausen ab. Der Pilot konnte sich mit dem Fallschirm retten. Zu Fuß mit seinem Fallschirm bewegte er sich Richtung Flakstellung von Herr Kling. Beim Näherkommen rief er der Flakbesatzung zu: „Gentlemen, you will see in a few months, that Germany will be bombed out“, also auf deutsch: „Meine Herren, Sie werden sehen, Deutschland wird in wenigen Monaten ausgebombt und vernichtet sein“! Der Pilot war sehr durstig und bat um Wasser. Wir gaben ihm davon. Dann meldeten wir den Vorgang auf dem Fliegerhorst, Der Pilot wurde abgeholt.

Von Süden kommend warf die erste, 28 Bomber umfassende Bombergruppe ab Benninger Einöde Splitterbomben ab. Sie töteten jedes an der Oberfläche befindliche Lebewesen, darunter auch alle 42 Kühe des Bauern Bernhard, dessen Tiere sich gerade auf der Weide befanden. Da die Sirenen zu spät in Aktion traten, fielen auf dem Fliegerhorst auch über 100 Menschen völlig unvorbereitet dem Angriff zum Opfer.

Herr Kling kann sich an die schrecklichen Zustände damals noch sehr genau erinnern. Es seien erschütternde Erlebnisse gewesen, die einem bis heute nicht mehr aus dem Kopf gehen. Herr Kling hatte unwahrscheinliches Glück, denn ein kleiner Splitter einer Bombe traf seine Oberlippe. Stark blutend wurde er ins Lazarett nach Memmingen gebracht, wo er operiert wurde. Wäre der Splitter direkt in den Kopf eingedrungen, hätte das wohl das Ende bedeutet. Mit Freude darf festgestellt werden, dass von der Wunde heute fast nichts mehr erkennbar ist. Wegen der Einlieferung ins Lazarett kann Herr Kling heute nicht mehr sagen, was mit den Kollegen seiner Einheit passiert ist. Er selbst wurde nach seiner Genesung nach Landeck in Tirol zu einer anderen Einheit verlegt. Der Fliegerhorst wurde total zerstört und konnte nicht mehr benützt werden.

Mit ungläubiger und großer Überraschung durfte ich nun also erstmals zur Kenntnis nehmen, dass in Nähe des Fliegerhorstes eine bisher nie irgendwo erwähnte P-38 Lightning abgeschossen wurde. Dieser Vorgang blieb mir bis heute verborgen. Somit steht in einem amerikanischen Protokoll zurecht, dass P-38 Maschinen des 1. Begleitjägergeschwaders den B-17 Bombern bei der Bombardierung am Fliegerhorst Memmingen von Friedrichshafen aus zu Hilfe kamen. Diese Maschinen flogen Begleitschutz für etwa 70 B-24 Bomber, die fast zu gleicher Zeit die Flugzeugwerke in Friedrichshafen-Manzell bombardierten.

Mein ganz besonderer Dank gilt der Gattin Frau Kling, Sie hat mir nebenbei unvergesslich schöne Stunden mit Kaffee und feinsten Kuchen bereitet.

Erstellt: Gerhard Schmaus 01.04.2019